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Österreichische Stromimporte aus Tschechien - Premier Babiš kritisiert Österreichs Ablehnung von Kernkraftwerken – Offener Brief an tschechischen Premier Babis

12.12.2019

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš hat seine Kritik an Österreichs Ablehnung der Nuklearenergie vor dem EU-Klimagipfel in Brüssel bekräftigt. „Österreich hat heute früh 25 Prozent seines Stroms aus Tschechien bekommen“, sagte Babis heute in Brüssel. „Ohne tschechischen Strom würde Wien wahrscheinlich ohne Strom sein.“

Im Vorfeld des EU-Gipfels mit dem Ziel eines Beschlusses zur Klimaneutralität der EU 2050 hat Premier Babiš also den „Import von Strom aus Tschechien nach Österreich mit 25 % heute in der Früh“ beschrieben und gleichzeitig die Position Wiens zur Atomkraft als „komisch“ bezeichnet.

Die Fakten:
Österreich ist seit 2001 Nettoimporteur von Strom. Österreich hat 2018 19 Terrawattstunden exportiert, und 28 importiert. Unterm Strich importierte Österreich 2018 etwa 10-15 % des benötigten Stroms aus dem Ausland. Das meiste davon (92 %) kommt aktuell aus Deutschland und aus Tschechien. Und ja, unter dem importierten Strom ist auch Atomstrom, aber auch Windstrom aus Norddeutschland, der via Polen in den Süden fließt.

Zusammengefasst könnte man sagen: Ein bisschen Polemik von Babiš und viel Handlungsbedarf in Wien, denn Österreich ist – insbesondere im Winter – ein Land, das auf Stromimporte angewiesen ist, aber das müsste nicht so sein, wenn man in österreichische Stromerzeugungskapazitäten einfach mehr investiert, als billigen, z.T. gewaschenen Kohle- und Atomstrom aus anderen Ländern zu importieren.

Eine gute Quelle, wenn man sich für die europäischen Stromflüsse interessiert, ist das Onlineportal: www.electricitymap.org. Es sammelt die Daten zu Produktion und Verbrauch (=Produktion inkl. Exporte und Importe) von Strom in Europa bzw. weltweit. Die aktuellen Werte werden halbstündlich veröffentlicht und sind kostenlos verfügbar und stammen aus offiziellen Quellen wie z.B. entsoe.eu, dem Netzwerk der europäischen Verteilnetzbetreiber (ENTSO-E, the European Network of Transmission System Operators for Electricity). Historische Werte sind ebenfalls verfügbar, allerdings kostenpflichtig.

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Das Ergebnis des Gipfels in Brüssel:
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag auf ihrem Gipfel in Brüssel dafür ausgesprochen, dass die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll.

"Der Europäische Rat bestätigt das Ziel, bis 2050 eine klimaneutrale EU zu erreichen, im Einklang mit den Zielen des Paris-Abkommens", heißt es im Abschlusspapier, den sogenannten Schlussfolgerungen.

Weiter heißt es jedoch: "Ein Mitgliedstaat kann sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Umsetzung dieses Ziels verpflichten, und der Europäische Rat wird im Juni 2020 darauf zurückkommen." Zeitungsberichten zufolge handelt es sich bei diesem Land um Polen.

Das bestätigte der offizielle Twitter-Account des polnischen Premierministers Mateusz Morawiecki. "Polen wurde vom Grundsatz der Klimaneutralität ausgenommen. Wir werden es in unserem eigenen Tempo erreichen", wird der Premier dort zitiert. Polen sei nicht schuld daran, sich in einer solchen Situation zu befinden. "Solche Argumente für polnische Lösungen wurden heute dem Europäischen Rat vorgelegt. Es ist gut, dass diese Argumente akzeptiert wurden", so Morawiecki weiter. "Kohle garantiert unsere Energiesicherheit für viele Jahre"

Für diese Aussage wurde er sofort verspottet: "Polen hat keine Schuld daran, wie sein Energiesystem aussieht. Und wer ist es? Zwerge? Ist es nicht die polnische Regierung, die zufällig eine Energiepolitik betreibt?", schrieb Marek Józefiak, Klimaexperte bei Greenpeace Polen, auf Twitter.

Die polnische Regierung tut sich schwer mit dem Abschied von der klimaschädlichen Kohle, aus der in dem Land immer noch etwa 80 Prozent des Stroms kommen. Polen sowie Ungarn und Tschechien hatten auf dem EU-Gipfel klare Zusagen für Finanzhilfen gefordert. Bei einer Veranstaltung in der vergangenen Woche anlässlich des Barbaratags – des Tages der Schutzheiligen der Bergleute – sagte der polnische Minister für Staatsvermögen Jacek Sasin, dass Polen nicht akzeptiere, dass die Zeit der Kohle vorbei ist.

"Sie wird unsere Energiesicherheit für viele Jahre garantieren", so Sasin, der als Minister auch für die staatlichen Energiekonzerne zuständig ist. Andere eigene Energiequellen habe Polen nicht, sagte der Politiker von der Regierungspartei PiS.

"Was Polen damit erreicht hat, ist unklar"

Oskar Kulik vom WWF Polen, kann dem Ergebnis noch etwas Gutes abgewinnen. "Immerhin hat Polen kein Veto gegen die Entscheidung eingelegt", sagte Kulik im Gespräch mit Klimareporter°. Allerdings kann der polnische Klimaexperte nicht nachvollziehen, warum sich Polen dem 2050er Ziel nicht angeschlossen hat. "Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, dem Ziel zuzustimmen und dabei finanzielle Unterstützung auszuhandeln."

Die Entscheidung habe sicher nicht dafür gesorgt, dass die Beziehungen zu den anderen EU-Staaten sich verbessern, vor allem weil Polen nicht als einziges EU-Land stark von der Kohle abhänge, so Kulik. "Unsere Situation ist eine besondere, aber unsere Fähigkeit uns anzupassen ist sicher nicht die schlechteste in der EU." Die Diskussion in Polen müsse jetzt weitergehen.

"Das mangelnde Engagement für das EU-Klimaneutralitätsziel für 2050 befreit Polen nicht von der Verpflichtung zur Umsetzung des EU-Rechts, in dem der Klimaschutz bereits sehr stark verankert ist", sagte auch Lidia Wojtal, polnische Klimaexpertin und ehemalige Klimakonferenz-Verhandlerin.

Es sei unklar, was Polen mit der Weigerung, sich zur Klimaneutralität zu verpflichten, erreicht habe. "Sicherlich keine Glaubwürdigkeit oder zusätzliche finanzielle Unterstützung", so Wojtal. "Der Zug zur Klimaneutralität fährt jetzt ab, und wir sitzen noch im Wagen aus dem vorigen Jahrhundert, und zwar im Raucherabteil."

Vor dem Gipfel waren auch noch Tschechien und Ungarn gegen die Entscheidung gewesen. Forderungen des tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš aufgreifend, wurde auch ein Satz zur Atomenergie in die Schlussfolgerungen aufgenommen: "Einige Mitgliedsstaaten haben erklärt, dass sie als Teil ihres nationalen Energiemixes Kernenergie nutzen." Dass Atomkraft klimafreundlich sei, steht aber nicht in dem Dokument.

Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel sagte dazu, nach den EU-Regeln habe jedes Land das Recht, über seinen Energiemix zu entscheiden. «Aber wir sollten keine europäischen Gelder nehmen, um Atomenergie zu finanzieren.» Aus seiner Sicht sei Kernenergie «weder nachhaltig noch sicher», zudem sei die Frage der Endlagerung der Nuklearabfälle ungeklärt. Atomenergie sei deshalb keine Lösung.

Quelle: https://orf.at/stories/3147406/ und andere Onlinemedien


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