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EU Kommission kündigt Fahrplan für das vollständige Verbot russischer Energieimporte an – auch für Rosatom?

6.5.2025

So richtig vollmundig ist die Europäische Kommission am 6. Mai 2025 nach zweimaliger Verschiebung mit dem Plan zum Ende der Abhängigkeit von russischen Energieimporten in Straßburg im Europäischen Parlament angetreten. Der Kommissar erklärte, dass es Russland nicht möglich sein solle, Energie als Waffe gegen Europa verwenden zu können. Neben Gas und Öl war auch die Atomenergie ein Thema, vor allem in den anschließenden Q&A für Journalisten.

Es geht um Fahrpläne für das vollständige Verbot russischer Energieimporte, um den Geldfluss an Putins Kriegsmaschine zu stoppen. Wie er betonte, fließen mehr als drei Jahre nach dem russischen Invasionskrieg in der Ukraine immer noch große Mengen russischen Gases und Öls in die EU und speisen Wladimir Putins Kriegskasse mit Milliarden von Dollar.

Er bezeichnete seinen Plan als hart und stufenweise strukturiert, um zu verhindern, dass Russland Energie als Waffe gegen Europa verwenden kann. Er erwähnte auch die Absicht, Import von russischem Uran, angereicherten Uran und ähnlichen Nuklearrohstoffe einzuschränken und zu diversifizieren.

Doch das Gegenteil ist der Fall:
Viele Atomkraftwerke in den mittel- und osteuropäischen Ländern sind noch immer von russischem Nuklearbrennstoff abhängig. Einige haben ihre Abhängigkeit durch die Unterzeichnung von Brennstofflieferverträgen mit dem US-Unternehmen Westinghouse verringert. Westinghouse kann Brennstoff für die WWER-1000-Reaktoren liefern, für den WWER-440 ist das noch fraglich. Einige haben Verträge mit der französischen Framatome abgeschlossen, die jedoch gar keinen VVER-Brennstoff liefern kann.

Wird ROSATOM Kernbrennstoff in Deutschland herstellen?

Neben Westinghouse will auch Framatome, die zu 75% im Eigentum der französischen staatlichen EDF am Brennstoffkuchen mitschneiden. Doch der angebliche FRAMATOME-Brennstoff, der als vollständig europäischer Brennstoff vermarktet wird, ist nicht europäisch und existiert so auch nicht. Framatome wartet auf die Genehmigung zur Herstellung von WWER-Brennstoff in der Lingener Brennstofffabrik in Deutschland, wo sie auf der Grundlage einer ROSATOM-Lizenz über ein Joint-Venture mit 25% ROSATOM-Anteil den VVER-Brennstoff herstellen möchte. Die Europäische Kommission kofinanziert die laufenden Forschungsarbeiten.

Die deutschen Behörden stehen dem jedoch sehr kritisch gegenüber und haben die Genehmigung noch nicht erteilt. Das eigene Brennstoffdesign, welches Framatome zu entwickeln angekündigt hat, ist noch nicht verfügbar und wird es wahrscheinlich auch nie sein. Offiziell hat Framatome bestätigt, dass die Entwicklung zehn Jahre dauern wird.

Gar nicht erwähnt wurde, dass Ungarn auch weiterhin zwei AKW-Blöcke in Paks vom russischen Staatsunternehmen Rosatom errichten lässt. Damit sichert sich der Kreml Einfluss auf kritische Infrastruktur in Europa noch für 80 Jahre. Wenn sich Frankreichs EDF/Framatome mit der Hilfe der Europäischen Kommission durchsetzen, dann weitet sich der russische Einfluss noch weiter aus. Zur Erinnerung: Die Errichtung von Paks II hat sich Ungarn als Ausnahme auch in den Sanktionspaketen der letzten Jahre gesichert.

Rechtlich will die Europäische Kommission diesen Plan mit qualifizierter Mehrheit beschließen lassen und fürchtet sich auch nicht vor Klagen nach §194 AEUV (EU-Vertrag) über die freie Wahl des Energiemix‘.

Der Kommissar kündigte auch Importzölle auf Uran aus Russland an, ohne jedoch auf die konkrete Höhe einzugehen. Dabei ist zu bedenken, dass das kaum mehr Auswirkungen haben würde: Die einen werden wie beschrieben Brennstäbe von Westinghouse beziehen, wobei natürlich möglich ist, dass dort auch russisches Uran verwendet wird. Bei den noch nicht existierenden Nuklearbrennstoffen von Framatome/Rosatom aus Deutschland ist unklar, wo angereichertes Uran herkommen sollte, könnte aber von den Ländern selbst über Cameco oder andere westliche Anbieter eingekauft werden, um dann als Framatome/Rosatom-Brennelement im AKW zu landen.

Neuer Bericht dazu von Patricia Lorenz für WUA, Wiener Umweltanwaltschaft:
https://wua-wien.at/images/Raphael_Artikel_39JahreTschernobyl_0425/Update_Report_Russian_Grip_on_EU_Nuclear.pdf

Link zur Pressekonferenz der EU-Kommission: https://audiovisual.ec.europa.eu/en/video/I-271229

Ergänzend dürfen wir noch auf die aktuell laufende Konsultationsphase („Call for Evidence") zum nächsten Hinweisenden Nuklearprogramm der EU (PINC) ,Rückmeldungen geöffnet bis 12.05.2025, aufmerksam machen: https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/14617-Hinweisendes-Nuklearprogramm_de

Im Rahmen der „Call for Evidence"-Phase sind derzeit Rückmeldungen und Beiträge von Stakeholdern möglich.

Hintergrund:
Diese Mitteilung der EK „Hinweisendes Nuklearprogramm (Nuclear Illustrative Programme (PINC))", die auf einer Verpflichtung nach Artikel 40 des Euratom-Vertrags beruht, gibt einen Überblick über die Investitionen in der EU im Zusammenhang mit kerntechnischen Anlagen bzw. eine Orientierung für die zukünftige Entwicklung der Kernenergie in der EU. Das letzte PINC wurde im Jahr 2017 vorgelegt.

Die Europäische Kommission bereitet derzeit ein aktualisiertes PINC vor, das eine Orientierung für die zukünftige Entwicklung der Kernenergie in der EU geben soll.
Themenfelder sind u. a.:

·         Investitionsbedarf für Neubauten und Laufzeitverlängerungen,
·         innovative Reaktortechnologien (z. B. SMRs, Fusion),
·         Sicherheit und Entsorgung sowie
·         die Rolle der Kernenergie im künftigen EU-Energiemix.

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ und  bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.


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