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Fakten und Gerüchte zum Abschluss des tschechischen Atom-Tenders

29.7.2024

 
Hier ein Foto von der Pressekonferenz am 17. Juli mit u.a.  ČEZ-Generaldirektor Daniel Beneš und dem tschechischen Premierminister Petr Fiala, als sie das Ergebnis der Ausschreibung für 1, bzw. 4 oder zwei Reaktoren mit Option auf zwei weitere verlautbarten.

Dieser erste Blogteil zum spektakulären Kernkraftwerk-Tender in der Tschechischen Republik versucht auszuwerten, was fixiert wurde und was noch offen ist.

Was wurde am 17. Juli tatsächlich beschlossen
Sieger wurde das südkoreanische Unternehmen Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP), somit kam EDF mit seinem EPR nicht zum Zug, Westinghouse ist bereits im Jänner ausgeschieden. Sieger ist nicht ganz korrekt, eigentlich „präferierter Hersteller“ wie es genau heißt, denn bis zur Vertragsunterzeichnung werden noch viele Verhandlungen zu führen sein. Der südkoreanische Reaktorbauer KHNP legte laut Premierminister „in allen Bewertungskriterien das beste Angebot.“

Sollten die Verhandlungen mit KHNP doch scheitern, so ließ EDF wissen, sie seien „bereit neue Verhandlungen mit ČEZ und der tschechischen Regierung zu führen.“ Leichte Überraschung herrschte in Prag, da man die geopolitischen Vorteile eines Bündnisses mit EDF auf in Hinblick auf Interessen in Brüssel nicht so hoch wie erwartet eingeschätzt hatte. Dennoch wurde auch betont: Bis zur Unterzeichnung des EPC-Vertrags ist die Ausschreibung nicht abgeschlossen und der Auftrag für Lieferung und Errichtung nicht vergeben.

Das Ausscheiden des dritten Bieters, des US-Reaktorherstellers Westinghouse (WEC) ist interessant, denn der Grund war laut tschechischer Regierung die Nichteinhaltung der  Ausschreibungsbedingungen. WEC schied Ende Jänner aus, bevor die laufende Ausschreibung noch ausgeweitet wurde, nämlich von einem Reaktor auf zwei gleichzeitig für dem Standort Dukovany und mit der Option auf zwei weitere AKW für Temelín zu einem späteren Zeitpunkt. Ausschlaggebend war laut tschechischer Regierung hier die Tatsache, dass WEC eine unverbindliches Angebot legte und unklar blieb, welches Unternehmen für die Qualität verantwortlich sein wird. Wie durchgesickert ist, übernimmt Westinghouse keine Garantien und wäre etwa bei der Inbetriebnahme des fertiggestellten Reaktors nicht mehr Eigentümer des AKW und nicht mehr vor Ort. Das Geschäftsmodell von Westinghouse ist nämlich nicht der Reaktorbau, sondern die WEC-Reaktoren werden von anderen Unternehmen gebaut, Bechtel oder wie in Bulgarien geplant, von Hyundai. 

Die Kosten und le Faux Pas
Wie Petr Závodský, der Direktor des 100%-Tochterunternehmens von ČEZ, Dukovany II, bestätigte, werden noch einige Vertragsbedingungen verhandelt werden.

Doch die Kosten als das ausschlaggebende Kriterium sollten doch vereinbart sein?

Die Summe von 200 Milliarden Kronen (€ 8 Milliarden) für einen Reaktor sollte laut Regierung fix sein. Doch zeitgleich verkündete KHNP den Betrag von 220 Milliarden (fast 9 € Mrd.) als „Einschätzung der Regierung“. Dieser Faux Pas darf wohl als Vorgeschmack auf die Kostenentwicklung gesehen werden, wo ein paar Milliarden keine Rolle spielen. Und Vorsicht: Dabei handelt es sich um die Overnight costs, d.h. die Zinskosten sind nicht dabei. Die Regierung pochte darauf, dass  der Preis von 90 Euro/ MWh nicht überschritten würde. Im Jahre 2036. Leichte Rechenübung: Wieviel kostet die MWh und wann ist die Inbetriebnahme realistisch, wenn man den üblichen AKW-Faktor anwendet, der von Verdopplung bis Vervierfachung reicht?

Auf diese Frage, wie die tschechische Seite die üblichen Kosteneskalationen zu verhindern gedenke, gab es folgende Antworten: Dass man vertraglich mit Pönale vorgesorgt habe oder dass KHNP sich sicherlich bemühen würde, da es sich um das erste Projekt in Europa handeln würde. Beides ist eher eine Art Business-Voodoo. Berechnungen etwa für die eher unrealistisch geringe Bauzeit von 10 Jahren führen zu Kostenschätzungen bis zu € 13,6 Mrd. (faktaoklimatu.cz).

Im nächsten Teil des Blogbeitrags zur Ausschreibung wird es um die Klage von Westinghouse gegen KHNP gehen, die Frage ob KHNP den Bau seines ersten APR-1000 in der Tschechischen Republik, dessen Design noch nicht vorliegt eher als Feldversuch sieht und ob eine Wirtschaftlichkeit von Reaktoren in 20 Jahren auch nur theoretisch denkbar ist.

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.


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