Aktuelle Infos zu Kernkraft und Atommüll-Endlagersuche

Aktuelles zur Atommüll-Endlagersuche in Tschechien
- mit Vortragsvideo

6.12.2020

Da ein direktes Zusammentreffen aufgrund von COVID-19-Maßnahmen weder gut möglich noch passend war, veranstalteten Anti Atom Komitee und Waldviertler Energiestammtisch gemeinsam ein Online-Treffen am 21. Oktober 2020. DI Edvard Sequens der Umweltorganisation Calla in Budweis ist ein Experte, der langjährig an dem Thema arbeitet.
Sein Einstiegsreferat „Atommüll-Endlagersuche in CZ“ in Form eines Online-Vortrags ist nun in deutscher und tschechischer Sprache verfügbar als Video auf Youtube.
Der Vortrag von Edvard Sequens zeigt den aktuellen Stand der Atommüll-Endlagersuche in Tschechien, ein Thema, das nicht nur jeden Staat betrifft, der sich der Atomenergie verschrieben hat, sondern auch seine Anrainerstaaten. Da vor allem hochradioaktive Abfälle wie ausgebrannte Brennstäbe aus dem Reaktorkern über viele Jahrtausende hinweg ihre giftige Strahlung beibehalten, muss bei der Entsorgung absolut sichergestellt werden, dass sie über diese Zeiträume von der Erdoberfläche isoliert bleiben. 

Der Vortragende Edvard Sequens stellt zunächst das Ausmaß des vorhandenen hochaktiven Atommülls in Tschechien dar. Ende 2019 lagerten in den beiden Atomkraftwerken Dukovany und Temelín gemeinsam 653 Tonnen abgebrannter Brennelemente in den Lagerbecken, wo sie mehrere Jahre gekühlt werden müssen. Danach werden sie in trockene CASTOR-Transport- oder Lagerbehälter eingelegt. Diese Menge umfasst mittlerweile knapp 1.400 Tonnen. Bis zum Zusammenbruch des Ostblocks wurde dieser Atommüll in die Sowjetunion abtransportiert, seit 1989 lagert er auf dem jeweiligen Kraftwerksgelände in Dukovany und Temelín.

Erschreckend ist der Ausblick in die Zukunft: Sollte der derzeitige atomfreundliche Kurs der tschechischen Regierung beibehalten werden, ist in 40-60 Jahren mit einer hochradioaktiven Abfallmenge von 5.000-10.000 Tonnen zu rechnen. Die Menge hängt nicht nur davon ab, wie lange die Betriebslaufzeit der bestehenden Kraftwerke tatsächlich bestehen bleibt, sondern auch, ob die geplanten neuen Reaktoren in Temelín und Dukovany noch gebaut werden oder nicht.

Hinzu kommen noch Abfälle aus stillgelegten Reaktoren, die sich mit geschätzten 4.200 Tonnen zu Buche schlagen, sowie ca. 200 Tonnen Industrieabfall der derzeitigen Reaktoren sowie aus Forschung und Medizin.

Die tschechischen Regierungen beschäftigen sich seit fast 20 Jahren mit dem Thema Endlagerung. Im Juni 2020 wurden von der Atommüllagentur SÚRAO 4 Standorte in die engere Auswahl genommen (von ursprünglich 9 Kandidatenstandorten, wobei alle anderen Reserve bleiben): http://www.kernfragen.at/page.asp/-/136.htm

Sie befinden sich – wie auch die Kernkraftwerke – alle im südtschechischen Granit- und Gneishochland, nur wenige Dutzend Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Es handelt sich dabei um die Standorte Březový potok, Janoch bei Temelín, Hrádek und Horka. Die finale Entscheidung wurde mehrfach vertagt, eine nähere Auswahl wird in den nächsten Jahren bis 2030 erwartet.

Dieses Endlagerkonzept musste allerdings aufgrund verschiedener Mängel auch auf Druck der europäischen Kommission mehrfach überarbeitet werden und wurde schließlich am 26. August 2019 ohne – eigentlich vorgeschriebene - öffentliche Diskussion genehmigt. Auch heute noch sind die vorgestellten Konzepte auf der Homepage der zuständigen staatlichen Agentur SÚRAO mehr als lückenhaft. Es werden so gut wie keine konkreten Daten, Zahlen oder Studien aufgeführt, aufgrund derer die Endlagerauswahl bisher getroffen wurde oder wie und wodurch dieses Endlager für welche Zeiträume sicher gemacht werden soll.

Versprochen wurde von politischer Seite her auch ein neues Atomgesetz, das die transparente Vorgehensweise beim Thema Endlagersuche und auch die öffentliche Einbindung der betroffenen Gemeinden garantieren soll. Es existiert bisher jedoch nur in mageren und unzureichenden Entwürfen und sein Beschluss blieb bisher ein leeres Versprechen.

Edvard Sequens beendet seinen Vortrag mit einer kurzen Vorstellung der Plattform gegen Endlager Úvod | platformaprotiulozisti.cz, einer freiwilligen, nichtkommerziellen Vereinigung von Städten, Gemeinden und Vereinen. Diese Vereinigung wehrt sich gegen das Vorbeiregieren des tschechischen Staates an seinen Bürgern in Fragen der atomaren Endlagerung. Sie möchte erreichen, dass die Gemeinden besser eingebunden und die Planungen transparenter gestaltet werden. Ihr Ziel: Ein mögliches Endlager ohne die Zustimmung seiner betroffenen Gemeinden darf nicht in Betrieb gehen!

Zusammengestellt von Renate Brandner-Weiß und Philipp Kronbichler

Quellen:

Atommüll-Endlagersuche CZ, Edvard Sequens, 21.10.2020

Atommüll-Endlagersuche in Tschechien - Online-Vortrag von Edvard Sequens, CALLA - YouTube

Suche nach einem Atommüll-Endlager in Tschechien - Land Niederösterreich (noel.gv.at)

Atommüll-Endlagersuche in CZ - 4 von 9 Standorten in engerer Auswahl (energiestammtisch.info)

Atommüll-Endlagersuche in CZ: Ranking für vier von neun Standorten (energiestammtisch.info)

Janoch bei Temelin: Bestgereihter Endlager-Kandidatenstandort (energiestammtisch.info)

Deep geological repository - Súrao (surao.cz)


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