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EU: Net Zero Industry Act -
Beschleunigung der Nuklearausbaupläne, zumindest auf dem Papier

13.9.2024

Seit Jahren wird behauptet, dass jetzt endlich wieder gebaut werden wird! Endlich hätten die Öffentlichkeit und die Politik verstanden, dass Atomenergie ihren Platz in der Energiewende und Dekarbonisierung hat und so weiter. Aber weil die klassischen Probleme noch immer anhalten und kaum ein AKW-Bau beginnt oder gar in Betrieb geht, muss ein Schuldiger her: Die Genehmigungsverfahren.
Da wäre einmal der sogenannte Net Zero Industry Act auf EU Ebene. Diese Verordnung gilt als Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) und hat das Ziel, die europäische Industrie für saubere Energietechnologien zu stärken und mehr in der EU selbst zu erzeugen statt etwa aus China zu importieren. Diese Verordnung trat Ende Juni in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar in Kraft.

Der Net Zero Industry Act wurde von der Europäischen Kommission am 16. März 2023 vorgestellt und hat zum Ziel, den bürokratischen Aufwand für bestimmte "strategische Technologien" zu verringern, einschließlich einer Verbesserung der Genehmigungsverfahren und des Zugangs zu Finanzmitteln. Diese Netto-Null-Technologien sollen Europa dabei helfen, seine Emissionen zu reduzieren und auf eine CO2-freie Energieerzeugung umzustellen.

In Artikel 4 aufgelistet sind die Netto-Null-Technologien und ja!: Die „Technologien für Kernspaltungsenergie, einschließlich Technologien für den Kernbrennstoffkreislauf,“ sind darunter. Für diese sieht die Verordnung nun u.a. vor: Art. (1) Das Genehmigungsverfahren für Projekte zur Fertigung von Netto-Null-Technologien darf die folgenden Fristen nicht überschreiten:

  • zwölf Monate für den Bau oder die Ausweitung von Projekten zur Fertigung von Netto-Null-Technologien mit einer jährlichen Fertigungskapazität von weniger als 1 GW;
  • achtzehn Monate für den Bau oder die Ausweitung von Projekten zur Fertigung von Netto-Null-Technologien mit einer jährlichen Fertigungskapazität von 1 GW oder mehr.

Parallel dazu wurde in unserem Nachbarland mit den großen Ausbauplänen auch in diesem Sinne wieder einmal am Atomgesetz gefeilt. Ohne viel Aufhebens kam es zu einigen interessanten Änderungen, die der Wirtschaftsausschuss am 5. September in Prag diskutierte, dem die Regierungsvorlage für die Novellierung des Atomgesetzes zwecks beschleunigter Genehmigung von Neubauten vorlag, die angenommen wurde. Der konservativen ODS war das nicht genug und sie beantragte noch weitere Verbesserungen für die Atomindustrie, ohne dafür eine Mehrheit zu finden, aber es ist doch interessant, um ein Stimmungsbild zu zeichnen: So wollte er die Obergrenze für die Gebühren verringert sehen, was von der Aufsichtsbehörde aber nicht akzeptiert wurde.

Beschlossen wurde, dass es dem Antragsteller ermöglicht werden soll, bereits eine vorläufige Information über die Prüfung eines Projekts zu erhalten und nicht wie bisher die vollständige Dokumentation einzureichen. Bekanntlich müssen die Aufsichtsbehörden die Verfahren oft für Monate unterbrechen, damit die vorgelegten Unterlagen ergänzt werden. Das ist etwa der Grund, warum bei Paks II noch keine Baugenehmigung und kein Finaler Sicherheitsbericht vorliegen: Rosatom ist nicht im Stande die ungarischen und europäischen Vorschriften einzuhalten.

Diese Idee der vorläufigen Stellungnahme, die anscheinend dazu dienen soll, dass sich der Reaktorbauer absichert, wurde auch international bereits eingeführt, etwa in Frankreich für die Prüfung neuer Reaktortypen. Es geht vor allem um die SMR. Es geht darum, vor der tatsächlichen Einreichung die Anforderungen der Behörde rechtzeitig zu erfahren und so berücksichtigen zu können. In der Tschechischen Republik wird das nun rechtlich abgesichert und die Atomaufsichtsbehörde SÚJB soll bereits zu einem frühen Zeitpunkt bekannt geben, unter welchen Aspekten geprüft werden wird und wie die Behörde entscheiden würde. Interessant ist natürlich, mit welcher Verbindlichkeit und Haftung dies verbunden sein soll.

Wirklich wichtig bei der Novelle des Atomgesetzes ist die Erhöhung der Abgaben in den Atomfonds für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle: Statt der aktuellen 55 Kronen pro erzeugter MWh werden 163 Kč/MWh eingeführt werden. Interessant der Abänderungsantrag eines ODS-Abgeordneten: Man möge doch bei 80 Kronen pro MWh zu bleiben. Angesichts des unzureichend gefüllten Atomfonds, aus dem laufend bereits die „Bestechungsgelder“ für die Standortgemeinden fließen, ein Hohn.

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß. 


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