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Wird das Endlager langfristig sicher sein?

3.2.2019

Mehrere Barrieren sollen dafür sorgen, dass der Atommüll von der Umwelt isoliert bleiben. Die erste Barriere, die Metallhülle des Brennstabs, hat der Brennstab seit seiner Herstellung. Die abgebrannten Brennstoffelemente, die einige Meter lang sind, sollen in die Lagercontainer aus Stahl oder Kupfer verbracht werden.
Dann werden die Container im Wirtsgestein von einem abdichtenden Material umgeben sein, zurzeit wird Bentonit in Erwägung gezogen. Dabei handelt es sich um eine Tonsorte, die ohne Porenentstehung durch die Feuchtigkeit aufquillt.
Die letzte Barriere sollen 500 m festes unzerklüftetes Gestein sein.

Der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis ermöglicht allerdings keinen zuverlässigen Nachweis, dass die Isolierung des abgebrannten Nuklearbrennstoffs von der Umgebung über die benötigten Hunderte von Tausenden Jahren funktionsfähig bleiben wird. Geologen, Geochemiker und Werkstoffexperten arbeiten erst an der Beantwortung einer Reihe von konkreten Fragen, auf die es bisher noch keine Antworten gibt.

Folgender Überblick über die Fragen, die erst untersucht werden müssen, um das Risiko großer radioaktiver Austritte zu verhindern:
•    Die Kupfer – und Stahlcontainer für die Lagerung des abgebrannten Brennstoffes könnten gemäß aktuellen Untersuchungen wesentlich früher korrodieren, als die bisherigen Modelle vorhersahen. Für das Modell in Schweden, wo die Hauptbarriere für den Nuklearbrennstoff eine 5 cm dicke Kupferwand darstellt, ist die Geschwindigkeit der Kupferkorrosion die Schlüsselfrage. Während vor 30 Jahren es als wissenschaftlich gesichert galt, dass Kupfer unter Sauerstoffausschluss nicht korrodieren würde, so wird dies nun stark angezweifelt. Die Wissenschaftler untersuchten Kupferteile des Kriegsschiffes Wasa, welches im 17. Jahrhundert vor der schwedischen Küste unterging. Dabei zeigte sich, dass die Korrosion weiter fortgeschritten war, als es den theoretischen Annahmen entsprach. Somit wurde eine neue Theorie über die Mechanik der Kupferkorrosion vorgelegt, an deren Bestätigung oder Widerlegung noch gearbeitet wird.
Diese Unklarheit reflektierte auch der Standpunkt des Schwedischen Umweltgerichts im Februar 2018 zum Antrag auf die Genehmigung des Endlagers in Schweden: “Die Untersuchungen zeigen, dass Ungewissheiten oder Risiken darüber vorliegen, wieweit bestimmte Korrosionsarten oder andere Prozesse die Fähigkeit der Container beeinträchtigen können, wenn es um die langfristige Lagerung des Nuklearabfälle geht. Generell sind diese Ungewissheiten bei den Kanistern wesentlich und wurden in den Schlussfolgerungen der Sicherheitsanalyse des Antragstellers SKB nicht im vollen Umfang berücksichtigt.“
•    Der Druckanstieg im Endlagerraum durch die Gase, die in Folge der Metallkorrosion und Zersetzung der organischen Stoffe freigesetzt werden, kann zur Beschädigung der Barrieren und einer beschleunigten Freisetzung der Radionuklide durch die Risse in den kristallinene Gesteinen und Poren im Tongestein führen. Ebenso kann es zur Freisetzung von Wasserstoff durch die anaerobe Stahlkorrosion kommen.
•    Noch nicht ausreichend untersucht wurde die Auswirkung einer Reihe von physikalischen und chemischen Prozessen auf die Dichte Eigenschaften des abdichtenden Bentonit. Die gleichzeitige Einwirkung der Wärme, die beim radioaktiven Zerfall der gelagerten Brennstäbe entsteht, der Gase aus der Korrosion von Stahl und Kupfer und das Aufquellen des Bentonit durch die Feuchtigkeit können zu einer Veränderung bei der Druckverteilung im Material führen, eventuell auch zur Erhöhung der Materialporosität. Ebenso nicht auszuschließen ist die Entstehung von chemischen Reaktionen, die zur Konversion in eine andere Bentonitart führen, die sich nach Aufnahme der Feuchtigkeit nicht ausdehnt und daher die isolierenden Eigenschaften verringert.
•    Wenn die möglichen chemischen Prozesse nicht richtig einkalkuliert werden, dazu zählt in etwa die Entstehung von Kolloiden im Endlagerraum, entsteht das Risiko einer beschleunigten Bewegung der daran angehängten radioaktiven Elemente, wie etwa bei Plutonium.
•    Nicht überwachte Risse und geringe Kenntnisse über die Strömung von WAsser und Gase durch die Risse erhöhen das Risiko eines beschleunigten Austritts von Radionukliden in das Grundwasser. Die Struktur und Ausrichtung der Risse in den mächtigen Gesteinsschichten müssen weitergehend untersucht werden, die Untersuchung kleiner Gesteinsproben ist nicht ausreichend, denn an zwei Stellen kann in etwa die Durchlässigkeit deutlich unterschiedlich sind. Weiters ist zu berücksichtigen, dass das Gestein für einige Radionuklide praktisch undurchlässig sein kann, es den Austritt anderer nicht wesentlich verlangsamt – bei dem schwedischen Zugang, an dem sich auch das tschechische orientiert, gilt dieses Risiko zum Beispiel für Neptunium.
•    Bei den Ausbruchsarbeiten für das Endlager kommt es zu einer Auflockerung der die Stollen und Einlagerungskammern umgebenden Gesteinsschichten. Diese neu geschaffenen, zunächst unterschätzten Wegigkeiten können Austrittspfade für Radionuklide bedeuten. In der Umgebung der Stollen und Schächte kommt es zu einer Abnahme des Kluftwasserdrucks, da Wasser und gelöste Inhaltsstoffe bzw. Gase  freigesetzt werden. Diese Prozesse können die Größe der Risse und die gesamte Porosität des Gesteins beeinflussen, was die Vorhersagbarkeit der Strömung von Wasser und Gasen nach Verschließen des Endlagers beeinträchtigt. An Stellen der Vereisung während künftigen Eiszeiten kann es zu Bewegungen kommen, die zu Rissbildung des Gesteins oder Eindringen von Oberflächenwasser in die Endlageräume führen. Die nächste Eiszeit ist innerhalb eines Zeithorizonts von zehntausenden Jahren möglich. Das Absinken von Gesteinsschichten in Folge der Belastung durch die Eismassen und deren anschließende Erhebung nach dem Rückgang des Eises, kann wiederum zur Entstehung von neuen Rissen führen. Ebenso nur unzureichend erforscht sind auch die möglichen Auswirkungen des eiszeitlichen Schmelzwassers.
•    Zur Beschädigung der natürlichen und technischen Barrieren kann es auch bei Erdbeben kommen. Auch wenn die Endlager in Gebieten geplant werden, wo in den letzten Jahrzehnten keine erhöhte seismische Aktivität verzeichnet wurde, so lässt sich für eine Zeitdauer von zehntausenden Jahren ein Erdbeben nicht ausschließen. So kam es zum Beispiel auf dem Gebiet des heutigen Schweden und Finnland zur Zeit der Eisschmelze nach der jüngsten Eiszeit zu fünf schweren Beben innerhalb von Hundert Jahren.


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