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Neubau Dukovany 5 startklar? --- Einige massive Stolpersteine aufgetaucht

20.12.2024

Es gärt und rumort und immer öfter rutscht selbst den Atomenthusiasten die Formulierung
„ ... wenn Dukovany 5 also wirklich gebaut werden wird“, heraus. Wie steht es um die Vorbereitungen, ist wirklich alles fix?


Es lohnt sich, einen Blick auf drei Dinge zu werfen:

Dazu haben wir ein Gespräch mit dem renommierten tschechischen Energieexperten Edvard Sequens von der Umweltorganisation Calla geführt, dessen Antworten wir gerne hier  teilen.

Wie kam es, dass KHNP den Tender gewonnen hat, wo doch WEC und EDF die Favoriten waren?

Gewonnen hat den Tender das südkoreanische Staatsunternehmen KHNP. Aber vieles ist noch offen. Die Verträge werden nun für die Unterzeichnung im März 2025 durch die Regierung und den Betreiber ČEZ vorbereitet.

Das US-Unternehmen Westinghouse wollte keine Garantien und Termine gegen Pönale übernehmen und wurde somit ausgeschieden. Daraufhin wurden EDF und KHNP aufgefordert, ihr Angebot auf bis zu 4 Reaktoren auszuweiten. Auf dieser Basis wurde im Sommer 2024 dann entschieden, dass in fast allen Aspekten das Angebot der Koreaner besser abgeschneidet. Diese Bedingungen werden angeblich von ČEZ einmal veröffentlicht werden.

ad Beschwerde von EDF bei der Europäischen Kommission gegen Dumping:
Handelt es sich tats
ächlich um einen Dumpingpreis?

200 Mrd. Kronen, d.h. 8 Mrd. Euro pro Reaktor ist wirklich sehr günstig, die aktuell errichteten Reaktoren sind um 40-50 % teurer. Dabei sprechen wir von Over-night-Kosten, d.h. Kosten ohne Finanzierung, wobei die Finanzierungskosten, auch noch 50% betragen können. Damit kann EDF nicht konkurrieren und hat nun bei der Europäischen Kommission wegen Dumping eine Beschwerde erhoben. Denn die bei AKW sehr wahrscheinlichen Kostenüberschreitungen werden auf Kosten von KHNP gehen, die wiederum eine staatliche Firma ist und dadurch wird gegen den freien Wettbewerb verstoßen, wenn das Produkt unter den Gestehungskosten angeboten wird.

Für ČEZ ist das doch von Vorteil?

Ja klar, aber man kann sich nicht darauf verlassen, dass das unkritisch durchgeht. Denn das war schon Thema im südkoreanischen Parlament Anfang Dezember:  Das einzige im Ausland errichtete AKW Barakah (UAE) war für KHNP bereits ein Verlustgeschäft und die Opposition warnte, dass dies auch beim AKW Dukovany drohen würde.

Ad Klage von Westinghouse (WEC) wegen Lizenzthemen:

Bei der geplanten Klage von Westinghouse (WEC) geht es noch immer um den Gerichtsstreit wegen des ursprünglichen WEC-Designs, auf dessen Grundlage die koreanischen Reaktoren entwickelt wurden, die allerdings nicht exportiert werden dürfen. Den Auftrag für das AKW Barakah hat KHNP gegen EDF gewonnen und dort kam es auch zu Gerichtsstreitigkeiten mit WEC. Am Ende wurde es so gelöst, dass WEC einen Teil des Auftrags bekam, sie durften das Steuerungssystem I&C liefern. Zu Kosten und weiteren Fragen ist natürlich nichts bekannt, weder aus Korea noch den Emiraten.

Jetzt werden die Verträge für 1 bzw. gleich 4 Reaktoren vorbereitet. Diese Option wird zeitlich wohl limitiert sein, etwa 5 Jahre. Auch im koreanischen Parlament wurde diskutiert, dass das vielleicht ein unterschätzter Streit ist. KHNP wollte sich damit den Weg auf den europäischen Markt eröffnen, etwa auch Polen oder Schweden. EDF wird dem wohl nicht nur zusehen wollen. Das alles wird wohl dazu führen, dass sich zumindest die Unterzeichnung der Verträge verzögern wird.

Nicht zu vergessen ist noch, dass der nun geplante Reaktor APR1000 noch nie gebaut wurde, sondern erst entwickelt werden muss. Er ist wesentlich kleiner und die Tschechische Republik wäre der Feldversuch, wo der erste gebaut würde. Wie man weiß, muss da einiges geändert werden, Verspätungen und höhere Kosten sind da ganz klar. Damit ergibt sich als weiteres Problem, die Verzögerung des Starts der Stromerzeugung.

Ad Problematik eines faktischen Baubeginns vor der Erteilung der Baugenehmigung:

Es gibt bereits Bestellungen für Komponenten vor Lizenzierung und vor Baugenehmigung.

70 Mrd. Kronen, fast 3 Milliarden Euro werden für die Bestellung und Herstellung großer Reaktorkomponenten bereits vor Baugenehmigung ausgegeben, wie auch die tschechische Atom-Aufsichtsbehörde SUJB bestätigt hat.

Man stellt sich die Frage: Wie soll dann eine Genehmigung nicht erteilt werden, wenn damit eine solch enorme Summe an Steuergeld vernichtet würde? Die Erteilung der Baugenehmigung ist nämlich offiziell erst für 2029 anberaumt. Auch tausende Bäume sollen gefällt werden.

Wir danken Edvard Sequens für das Gespräch, eine der zum Thema Kernkraft wenigen kritischen Stimmen der Vernunft in der Tschechischen Republik, die durchaus oft auch in den Medien zu hören ist.

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.

Quelle Grafik:
Die Grafik stammt aus einem Vortrag von Edvard Sequens und wurde von Renate Brandner-Weiß bearbeitet.



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