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Zur Lage der Atomunion – Bericht aus Brüssel

5.7.2024

nde Juni fand die Konferenz der ENSREG in Brüssel statt. Die ENSREG ist die Vereinigung der Nuklearaufsichtsbehörden aus allen EU-Mitgliedstaaten, die ihre VertreterInnen entsenden. Auch die Europäische Kommission ist durch hochrangige BeamtInnen vertreten, wenn Themen der nuklearen Sicherheit diskutiert worden. Während nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 die Stresstests die dominierende Aufgabe waren, so werden nun oft auch Fragen der nuklearen Lieferkette oder wie heuer die Genehmigung von Neubauten, vor allem der SMR in den Präsentationen und Gesprächen betrachtet.

Hier natürlich geraten die unabhängigen Aufsichtsbehörden gerade bei diesem Thema leicht in den Verdacht, nicht ganz unabhängig zu agieren, sondern dem Druck von Regierungen und Industrie nachzugeben. Daher wird mit einem wahren Eiertanz versucht, zwar den SMR möglich zu machen, aber gleichzeitig streng und unabhängig vorzugehen oder zumindest so zu wirken.

Sehr klar und offen skizzierte Stephane Calpena von Newclo, einem SMR-Startup, den Spagat dieser Unternehmen: Es gibt Investoren für SMR- Startups und sein Unternehmen hat bereits eine halbe Milliarde Euro zusammengesammelt. Aber: Private Investoren finden die Zeitpläne, wie sie im Atombereich üblich sind, vollkommen inakzeptabel. Ein Perspektive von über zehn Jahren ist unverkäuflich und als Flaschenhals wird die Genehmigung der mehr oder weniger neuartigen Reaktortechnologien betrachtet. Die Tatsache, dass die Designs auch nicht fertiggestellt sind, lassen wir jetzt einfach weg. So offeriert etwa die wichtige französische Atomaufsicht ASN den interessierten Unternehmen einen Beratungsservice, um den forschen Entwicklern der SMR den Ernst der nuklearen Sicherheit zu erläutern. Und dennoch wird es zeitlich extem eng, worauf die Behörden dahingehend antworten, dass sie auf Standardisierung setzen: Europaweite Reaktorlizensierung, was aktuell undenkbar ist, da die Sicherheitsvorschriften und Sicherheitsnachweise national geregelt sind. Um das zu überwinden, haben sich drei Aufsichtsbehörden (CR, Finland und Frankreich) für die Lizenzierung des als aussichtsreiches europäisches Design gehypten SMR Nuward zusammengetan, weitere drei möchten sich nun anschließen.

Aber zumindest jetzt noch sieht die ASN in Frankreich dies sehr kritisch und glaubt nicht an die gemeinsame Lizenzierung. Was in Vorbereitung ist, ist die Einführung von Teillizensierungen. Statt wie bisher erst mit vollständiger Baugenehmigung und vollständigem Sicherheitsbericht den Bau eröffnen zu dürfen, sollen Nebengebäude etwa bereits errichtet werden. Dass damit neue Probleme entstehen, ist ganz klar, denn der Druck mögliche Bauruine auf teilgenehmigten Standorten zu verhindern, kann wohl nicht geleugnet werden. Ebenso interessant bei der Vorgabe der zehn Jahre im Sinne der Investoren: Eigentlich kommen hier nur existierende AKW-Standorte in Frage, wo die langwierigen Untersuchungen etwa zur seismischen Gefährdung abgeschlossen sind. Die Grundidee des SMR, nämlich die erhöhte Sicherheit mit geringerer Unfallgefahr in die Nähe der Verbraucher (Industrie, Städte) zu rücken, wird hinfällig.

Der zweite Tag der Konferenz ging am 25. Juni mit einer sehr forschen Stimmung gemäß dem Konferenzmotto „Responding to the growing interest in nuclear energy“ zu Ende. Eine Woche später gab EDF bekannt, dass die Entwicklung des führenden SMR-Designs in Europa, des „Nuward“ nach vier Jahren eingestellt wird. Grund:  Kosteneskalationen  und technische Probleme. Aber aufgeben ist keine Option, es soll sogleich weiter gehen mit der Entwicklung eines einfacheren Designs...mit geringeren Kosten...schneller...und wenn sie nicht gestorben sind, dann designen sie noch heute.



Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.

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