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Europäische Kommission genehmigt tschechische Staatsbeihilfen für den Reaktor Dukovany 5

14.5.2024

Als kolossalen Erfolg feierte die tschechische Regierung nach zwei Jahren Bearbeitung durch die Europäische Kommission in der ersten Maiwoche die Beihilfengenehmigung. Obwohl die Kommission einige der wahnwitzigen Geldströme noch zurechtstutzte, dürfen sich unsere Nachbarn gratulieren: Sie haben sich den teuersten Strom Europas gesichert.

Worum geht es da eigentlich?
Eine der Grundideen der EU ist der Gemeinsame Markt, der möglichst frei von Wettbewerbsverzerrungen ist bzw. sein soll. Daher darf ein Mitgliedsstaat nicht seine Unternehmen einfach mit Beihilfen zuschütten, die dann ihre Produkte auf dem Binnenmarkt günstiger anbieten könnten.

Aber wo eine EU-Beihilfenregelung, da ist die Ausnahme nicht weit, lehrt die Erfahrung. Nach relativ strengen Kriterien sind Beihilfen erlaubt – etwa für die Erneuerbaren bei ihrer Markteinführung – und nach einem nicht unumstrittenen Urteil des EUGH nun auch für Atomkraftwerke, wobei jedes Fördermodell notifiziert werden muss und von Fall zu Fall (case by case) entschieden wird. Die Förderpakete sind für die jeweiligen AKW-Neubauten unterschiedlich, daher ist die Behauptung des tschechischen Ministers Síkela, dass nun etwa auch für die möglichen polnischen AKW neue Maßstäbe gesetzt würden, nur Politblabla eines Herrn, der gerne Energiekommissar werden möchte.

Also zu den Fakten:
Im März 2022 notifizierte die tschechische Regierung ihre Absicht ein AKW mit bis zu 1200 MW fördern zu wollen, und die Europäische Kommission eröffnete ein Verfahren, um festzustellen, ob das aus drei Komponenten bestehende Fördermodell nicht den EU-Beihilferegeln widerspricht und für eine Überförderung sorgen könnte. Bereits damals bezweifelt wurde die Dauer des PPA (Power Purchase Agreement). Dabei handelt es sich um langfristige Stromliefer- und Strombezugsverträge. Insbesondere Stromproduzenten, aber auch Projektierer von Erneuerbaren-Energien-Anlagen und große Stromverbraucher schließen diese Verträge. Für Dukovany beantragt wurde laut Aussendung der Kommission (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_22_4244) „(ii) eine Stromkaufvereinbarung für die Laufzeit des Projekts (60 Jahre) - nach Angaben der tschechischen Behörden würde dies den Stromabnahmepreis senken und alle fünf Jahre Preisanpassungen ermöglichen;“ Das genehmigte die Kommission nun nicht und beschränkte die garantierte Stromabnahme von den vorgeschlagenen 60 Jahren auf noch immer unglaubliche 40 Jahre.

Für Dukovany 5 sind zusätzlich zwei weitere Maßnahmen geplant und nun genehmigt: Zunächst geht es um einen Kredit, den der Staat zu vergünstigten Konditionen aufnehmen und an den Kraftwerksbetreiber ČEZ weitergeben möchte. Für diesen ausdrücklich angeführt wurde in der Notifizierung von 2022 auch der Betrag von 7,74 Mrd. Euro: „(...) Darlehen, das voraussichtlich 100 % der Baukosten (ca. 7,5 Mrd. EUR) abdecken wird;“  Zum Vergleich: Die Kosten für zwei EPR in Hinkley Point C wurden von im Februar 2024 vom französischen Atomstromriesen EdF selbst mit 56 Mrd. Euro angegeben. Auch der Kommentar des Industrieministeriums anlässlich der Notifizierung im Mai 2024 verdient Beachtung, steht er doch im Widerspruch zur Sichtweise der Kommission von 2022: “Dieser Betrag ist keinesfalls verbindlich und kann je nach Resultat der Ausschreibung und der Auswirkung der Risiken, für die der Staat bei der Errichtung garantiert, unterschiedlich ausfallen.“

Die dritte Maßnahme ist eine Rundumversicherung, dass wirklich für alles die SteuerzahlerInnen aufkommen werden, nämlich „(iii) ein Mechanismus zum Schutz der ČEZ-Gruppe und des Staates für den Fall, dass bestimmte unvorhergesehene Ereignisse eintreten (z. B. wenn sich die tschechische Gesetzgebung ändert und die Verwirklichung des Projekts unmöglich macht). Der Beitrag der ČEZ-Gruppe zu dem Projekt wird sich auf etwa 0,18 Mrd. EUR belaufen.“ Wann und wie diese schlagend werden, ist nicht ganz einschätzbar.

Was die tschechische Regierung als Erfolg ihren BürgerInnen verkauft bedeutet, dass jegliche Kosten für das neue AKW von den StaatsbürgerInnen gezahlt werden, gleichgültig, wie hoch sie sein werden. Parallel dazu werden bis zu einer eventuellen Inbetriebnahme von Dukovany 5 in 20 Jahren die Erneuerbaren die Strompreise stark reduziert haben, aber mit der Ausrichtung auf Atomstrom haben sich die Tschechen wohl den teuersten Strom Europas gesichert.

Zur Erinnerung: Seitens aktueller Regierung sollen gleich vier Reaktoren gebaut werden.

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.



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