Aktuelle Infos zu Kernkraft und Atommüll-Endlagersuche

20. April 2024: Gemeinden und Initiativen wehren sich gegen das Endlager

15.4.2024

Zum achten Mal protestieren die vier ausgewählten Standorte. Deren VertreterInnen und BürgerInnen erinnern mit ihren kreativen Aktionen an die leeren Versprechungen der Politiker, die die Gemeinden auch weiterhin mehr oder weniger rechtlos belassen haben, indem das Gesetz zur Einbindung der Gemeinden endlich verabschiedet wurde, aber zahnlos. Der Genehmigungsprozess für das Endlager für abgebrannte Brennstäbe läuft weiter – mit Hochdruck von oben.
Zum Stand der Dinge befragt, haben wir das Herz und Hirn des Widerstands: Edvard Sequens von der Umweltschutzorganisation Calla und Koordinator der Plattform gegen das Endlager.

Anlässlich des 8. Gemeinsamen Tages gegen das Endlagers beantwortet Edvard Sequens die Fragen zu den nächsten Schritten, anstehenden Genehmigungen und ob die Endlagersuche auch Auswirkungen auf Österreich hat.

Der Aktionstag soll zeigen, dass der Widerstand nicht aufhört, nachdem Anfang des Jahres das lang erwartete Gesetz zur Einbindung der Gemeinden verabschiedet wurde, welches weit unter den Forderungen der Betroffenen blieb (mehr dazu im Blogeintrag vom 20.2.2024).

Aktuell laufen die Anträge auf Genehmigung der Untersuchungsgebiete, in denen dann die geologischen Untersuchungen wie etwa die Tiefenbohrungen bis zu Tiefen von 1000 m durchgeführt werden sollen. Dagegen wehren sich alle vier Standorte. Bald könnte bereits vom zuständigen Umweltministerium in Prag der erste Standort genehmigt werden, Březový potok. Dannach kann Einspruch innerhalb von 15 Tagen erhoben werden, den der Minister mit einer Kommission beurteilen muss. Dabei kann es sich um Monate handeln, was den ohnehin sehr angespannten Zeitplan der Arbeiten wohl wieder verzögern wird.

Zur Erinnerung, woher die Eile bei einem sehr anspruchsvollen und zeitintensiven Projekt herkommt: Statt dem Jahre 2065, in dem das Endlager hätte eröffnet werden sollen, will die Tschechische Republik nun 2050 so weit sein, um die wichtigste Bedingung für die Anrechenbarkeit ihrer AKW-Projekte bei der EU-Taxonomie zu erreichen.   

Zurück zu den Standorten, die alle Anwaltskanzleien angeheuert haben und teils unterschiedliche rechtliche Pfade einschlagen, um sich gegen die Genehmigung der Untersuchungsgebiete zu wehren. Das werden wohl auch die Grundstückeigentümer, die von den notwendigen Tiefenbohrungen betroffen sein werden. Das wird in der nächsten Phase anstehen, in die die konkreten Untersuchungsprojekte fallen werden. Hier werden die Gemeinden nicht einmal mehr Parteienstellung haben: Das macht sich die staatliche Atommüllbehörde SURAO zu Nutze und hält die konkreten Stellen für die Tiefenbohrungen geheim (!). Dabei kommt es hier zu den ersten Beeinträchtigungen in Form von monatelangem Lärm und hohem Wasserbedarf zur Kühlung während der Bohrarbeiten und Entsorgung des verschmutzten Wassers.

Hier wählte man eine eigenartige Lösung. Im Standpunkt des Umweltministeriums zur Atommüllkonzeption (2017) wird zwar von einer UVP für die Tiefenbohrungen an den vier Standorten (und das Untergrundlabor für den ausgewählten Endlagerort) ausgegangen, die bekanntlich auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit mit Fristen und Beantwortung der Eingaben beinhaltet. Aber davon kann laut Standpunkt auch abgegangen werden und stattdessen eine Studie über die Auswirkungen auf Umwelt und öffentliche Gesundheit „im einer UVP entsprechenden Umfang ausgearbeitet“ werden. Weiters vorgeschrieben ist, die „Ergebnisse dieser Studie in den nächsten Phasen der Standortauswahl zu berücksichtigen und die betroffene Öffentlichkeit darüber zu informieren.“ Diese Studie wird dem Minister vorgelegt.

Eine Aktualisierung der Konzeption zur Entsorgung von Nuklearabfällen steht an und wird wohl nächstes Jahr mit einer grenzüberschreitenden SUP (Strategische Umweltprüfung) über die Bühne gehen. Auf die UVP zu warten, an der sich Österreich zu beteiligen beabsichtigt, ist bei einem so komplexen Projekt nicht ausreichend, denn  Untersuchungsergebnisse Jahre später diskutieren zu wollen, wird sich als sinnlos herausstellen.

Für Österreich und insbesondere NÖ und OÖ mit 3 möglichen Standorten, die nur 40-50 km entfernt liegen, sieht Edvard Sequens eine verstärkte Beobachtung der Schritte in der Endlagersuche dringend und notwendig. Denn jetzt werden die Untersuchungen begonnen, Ergebnisse verarbeitet, um mit Hochdruck eine Lösung zu finden.

Das Niveau der Aktivitäten ist nicht ganz optimal aufgesetzt, denn es gibt nicht nur keine aktualisierte Konzeption, die den tatsächlichen Plänen entsprechen würde und erst die SUP hätte durchlaufen müssen, samt der Berücksichtigung von Vorschlägen der Öffentlichkeit. Stattdessen wird bereits der neue Zeitplan verfolgt, die geologischen und weiteren Arbeiten wurden beauftragt, obwohl weder der Plan für Entwicklung und Forschung oder die Methodik für die Standortauswahl vorliegen.

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.



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