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Politkrimi um die Errichtung des Kernreaktors Dukovany V -
Gesetz zur Finanzierung wieder nicht beschlossen

4.12.2020

Aktuelle – und sicher nicht letzte Folge - im Politkrimi „Dukovany“. Kurz gesagt, geht es um eine Art Blankoscheck für die Errichtungs- und Betriebskosten für mind. 3 Jahrzehnte, der erst durch das tschechische Parlament beschlossen werden muss. Ein Anlauf das Gesetz zur Finanzierung heute zu beschließen wurde von Premier Babiš abrupt eingebremst und zwar mit der schlichten Behauptung, dass die Ausschreibung für den neuen Reaktor nicht vorbereitet sei und man dies der neuen Regierung überlassen solle.

Zusammengefasst geht es darum, dass mit der Entscheidung für den Lieferanten für Dukovany V eine extrem weitreichende Entscheidung und auch potenzielle Abhängigkeit der tschechischen Stromversorgung einhergehen könnte. Vereinfacht gesagt, geht es darum, ob sich die Vertreter der russlandfreundlichen Politik durchsetzen und der russischen Rosatom den Auftrag verschaffen können, inkl. dem notwendigen Blankoscheck für die Errichtungs- und Betriebskosten für Jahrzehnte, der erst durch das Parlament gedrückt werden muss. Das Interessante daran sind die offensichtlich gewordenen enormen Probleme, die weit über die Fragen einer wirtschaftlichen und ökologischen Energieversorgung hinausgehen.

Nach schweren politischen Angriffen hat Premierminister Andrej Babiš nun den Prozess eingebremst und schlicht behauptet, dass die Ausschreibung für den neuen Reaktor nicht vorbereitet sei und man dies der neuen Regierung in 10 Monaten überlassen solle. Das wiederum stellt der dafür zuständige Chef von ČEZ, dessen Aufgabe diese Vorbereitung ist, in Abrede. ČEZ ist die Gesellschaft, die Dukovany bauen und betreiben soll.

Andere wiederum, wie etwa auch die SUJB-Vorsitzende, spekulieren mit eventuellen Problemen bei der Notifizierung in Brüssel. Dana Drábová, Chefin der Aufsichtsbehörde, hat enorme mediale Präsenz und Einfluss, daher noch kurz zu ihren aktuellen Ansichten. Sie hält das russische Projekt, d.h. einen Reaktor von Rosatom für technisch gut, aber vertritt die Ansicht, dass es an Personal fehle, welches mit ausreichender Sicherheitskultur einen Reaktor errichten würden. Und dann meinte sie auch: Natürlich geht die Welt nicht unter, wenn es keinen fünften Block geben wird. Sie betont auch, dass der Partner für den Reaktorbau aus einem Land kommen sollte, wo auch ein zuverlässiges Rechtssystem vorherrscht und lässt zu, dass dies Russland und China ausschließt, bzw. spezielle Klauseln erfordert. Aber dann sagt sie wieder, man solle niemanden von vorherein ausschließen und konstruiert einen Fall, bei der ein anderer Generallieferant die Verantwortung tragen würde. Kurz gefasst: Es herrscht ziemliche Verwirrung, auf welche Art die Vorgangsweise noch zu erklären wäre.

Der tschechische Außenminister Tomáš Petříček hat mittlerweile klar gesagt, dass die Warnungen der Nachrichtendienste ernst zu nehmen seien und somit am besten gleich zu Beginn der Ausschreibung Russland und China ausgeschlossen werden sollten.

Das Gegenargument von Industrieminister Havlíček, Präsident Zeman und ČEZ-Chef Beneš ist die Behauptung, dass nur durch die Teilnahme aller potentiellen Reaktorlieferenaten, also auch von Rosatom, die niedrigsten Kosten erreicht werden könnten.

Dazu kommt wiederum aus dem Aussenministerium: Im Gegenteil, wenn klar ist, dass die Ausschreibung für Rosatom maßgenschneidert wurde, könnten sich potenzielle Lieferanten zu Recht denken, warum sich ernsthaft beteiligen?

Zurück zum 2. wichtigen Punkt, dem Gesetz zur Finanzierung, welches vor der dritten Lesung im Parlament steht.  Fast alle Abgeordneten sind für die Errichtung des 5. Blocks, die Opposition würde jedoch gerne eine anderen Weg dahin wählen. Kurz vor der geplanten Lesung wurde heute vormittag beschlossen, die Sitzung der Ständigen Atomenergiekommission der Regierung am 9. 12 abzuwarten, in der auch die Opposition vertreten ist.

Dennoch könnte der Riesen-Blankoscheck für Dukovany noch nach dem 15. Dezember beschlossen werden. Es gibt auch noch Abänderungsvorschläge der Piratenpartei, die eine Limitierung des garantierten Abnahmepreises vorsehen. Auch eine „Sicherheitsklausel“ wird gefordert, damit diese öffentlichen Gelder nicht an Regime fließen, die gegen die Interessen der Tschechischen Republik arbeiten. Darunter versteht man nach Informationen des Nachrichtendienstes BIS vor allem Russland, aber auch China. Und an dieser Stelle hat Premierminister Babiš auch faktisch Recht, weil ČEZ die Vorgabe des Staates nicht erfüllt hat, nämlich die Beantwortung von 17 offenen Sicherheitsfragen. Nur zu 5 davon wurde eine Stellungnahme seitens ČEZ ausgearbeitet.

Als Hintergrund dazu noch:
Woher der Druck kommt ist klar: In 10 Monaten sind Wahlen, es könnte zu einem politischen Wechsel kommen und die russlandfreundlichen Player, vor allem Präsident Zeman, möchten noch vorher die Projekte ihrer Freunde im In – und Ausland absichern.

Verfasst von Patricia LORENZ.


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