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UVP-Verfahren zu den AKWs Choczewo oder Gniewino und Krokowa, Woiwodschaft Pommern, in Polen

26.11.2022

Polens Einstieg in die Atomenergie ist vollkommen verfehlt und gefährlich: Klimaziele werden verfehlt und Gefahr schwerer Unfälle

Entgegen dem weltweiten Trend überlegt Polen einen Einstieg in die Atomenergie. Neben den bekannten gravierenden Problemen der Atomenergienutzung – jahrzehntelange Fertigstellungsverzögerungen von Neubauten, Unfallgefahr und ungelöste Atommüllproblematik – kommen somit noch das Fehlen einer erfahrenen Atomaufsicht und weiterer Behörden und Infrastruktur hinzu. Laut Planung plant die polnische Regierung vor innerhalb von 10 Jahren den ersten Reaktor in Betrieb nehmen. Dieser Zeitraum ist vollkommen unrealistisch, wenn man derzeitige Bauzeiten von AKWs in Europa und den USA betrachtet, die bei ca. 20 Jahren liegen.

Hintergründe bzw. Stellungnahme zur laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung an die zuständige Behörde der Republik Polen.

Das erste AKW soll von Westinghouse errichtet werden, im Oktober gab der polnische Premier dazu Kosten von 20 Mrd. US-Dollar bekannt. Auch dies ist unrealistisch, wenn man sich die Kostenüberschreitungen laufender AKW-Neubauprojekte ansieht. Weder in den UVP-Unterlagen oder in anderen Dokumenten ist ein Finanzierungskonzept vorgestellt worden. Weil die Finanzierung selbst nach über einem Jahrzehnt von Vorbereitungsarbeiten nicht steht, ist mit weiteren Verzögerungen zu rechnen.

Daher vertreten wir die Ansicht, dass dieses Budget lieber dem Ausbau erneuerbarer Energien zur Verfügung gestellt werden sollte. Erneuerbare Technologien werden zunehmend billiger in der Errichtung, sie könnten daher schnell und zuverlässig zur Energieversorgung beitragen! Auch die Abhängigkeit vom Ausland, wie für Brennstoff- und Serviceleistungen bei einem US-Reaktor über Jahrzehnte, würden vermieden.

In den UVP-Unterlagen wird behauptet, dass das polnische AKW nur ca. 6 g CO2 eq/Kilowattstunde ausstoßen wird. Wenn man allerdings den CO2-Ausstoß des Uranabbaus dazurechnet, ergeben sich hier weit höhere Zahlen –eine Meta-Studie von Nugent und Sovacool aus 2014 berechnet für Atomkraft einen Median von 66 g CO2eq/kWh. Internationale Studien wie die des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zeigen deutlich, dass der CO2-Ausstoß von Windenergie deutlich niedriger ist als von AKWs.

Mit dem Reaktortyp AP1000 von Westinghouse gibt es keine Betriebserfahrung in Europa.

Das erste polnische AKW soll drei AP1000 Reaktoren der US Firma Westinghouse umfassen. Laut den UVP-Unterlagen soll für das erste polnische AKW ein Reaktor ausgewählt werden soll, der bereits Betriebserfahrung hat. Bislang ist aber noch kein AP1000 Reaktor in Europa in Betrieb. Dessen passives Sicherheitskonzept und modulare Bauweise ist als unerprobt zu bezeichnen. Da Polen als Neueinsteiger zudem keine Erfahrung mit dem Betrieb und der Aufsicht von AKW hat, ist dies besonders bedenklich. Die Zulassung dieses Reaktortyps in den USA erfolgte bereits 2006 – vor Fukushima. Auch ist nicht gesichert, ob der Reaktor den Absturz großer Verkehrsflugzeuge überstehen würde.

Schwere Unfälle mit Auswirkungen auf Österreich sind nicht ausgeschlossen.

In den UVP-Unterlagen wird ein schwerer Unfall berechnet, der jedoch keinesfalls der schwerste mögliche Unfall ist. Mit der flexRISK-Methode wurde ein solcher Unfall mit Versagen des Containment berechnet. Österreich könnte bei entsprechend ungünstiger Wetterlager schwerwiegend kontaminiert werden!

Die sichere Entsorgung des Atommülls ist nicht gewährleistet.

Es liegt kein Entsorgungsnachweis für die abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Abfälle vor, die durch den Betrieb und die Stilllegung des AKW anfallen werden. Dazu braucht es Anlagen für die Konditionierung und Verpackung der Abfälle, Zwischenlager und Endlager – nichts davon ist bislang fertig, und es werden auch keine Zeitpläne für ihre Errichtung in den UVP-Unterlagen vorgestellt. Auch das Nationale Entsorgungsprogramm Polens, das die Nukleare Abfall-Richtlinie 2011/70/Euratom umsetzen soll, ist veraltet, die letzte Version ist aus 2015. Sogar die Europäische Kommission sieht die polnischen Entsorgungspläne als unzureichend, ein Vertragsverletzungsverfahren ist aktiv.

Im Nationalen Entsorgungsprogramm lässt Polen anklingen, sich an einem multinationalen Endlager beteiligen zu wollen – allerdings nicht auf polnischem Gebiet. Dieser Versuch ist zum Scheitern verurteilt, bislang hat sich kein Staat bereit erklärt, den Atommüll anderer Länder aufnehmen zu wollen.

Da die polnischen AKW-Pläne Auswirkungen auf ganz Europa haben können, fordern wir die Abhaltung einer öffentlichen Anhörung mit der Möglichkeit online teilzunehmen und zumindest einer Dolmetschung ins Englische.

Eine der großen Gefahren von Atomkraftplänen liegt in der Verzögerung für mehrere Jahrzehnte oder auch im Abbruch. Währenddessen werden keine weiteren Energieprojekte verfolgt oder auch Kohlekraftwerke weiterbetrieben. Wir fordern daher einen Plan B, der aus dem massiven Ausbau von Erneuerbaren und Energieeffizienz besteht und die verbindliche Bekanntgabe eines Termins, ab dem dieser umgesetzt wird, wobei mehr als 2 Jahre nicht akzeptabel sind: Die Klimakrise wartet nicht.

Zusammengestellt von Renate Brandner-Weiß

 


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