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In Zukunft ohne EURATOM

16.11.2020

Forderung nach Auflösung der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM

Im Rahmen der 'Konferenz zur Zukunft Europas' wird gefordert, die Europäische Atomgemeinschaft in ihrer jetzigen Form aufzulösen und sämtliche Aufgabenstellungen im Umgang mit Atomkraft, die derzeit im EURATOM-Vertrag geregelt sind, in den EU-Vertrag (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu übernehmen.

atomstopp_atomkraftfrei leben! fordert im Rahmen der 'Konferenz zur Zukunft Europas' die Diskussion zu EURATOM aufzunehmen, die vertraglich festgeschriebenen anachronistischen Zielsetzungen, den fehlenden Aktualitätswert sowie die Defizite des Vertragswerks zu erörtern und letztlich, im Sinne einer zukunftsorientierten Strategie für die Energieversorgung Europas, die gänzliche Abschaffung von EURATOM einzuleiten.

https://www.atomstopp.at/downloads/petitionen/Petition_Zukunft_Forderungspapier.pdf

Hintergrundinformationen

Wir erachten eine grundlegende Neuverteilung der Aufgabenbereiche, die bisher im EURATOM-Vertrag geregelt werden, als unumgänglich, um die Energiezukunft Europas demokratisch, nachhaltig und den Anforderungen der Klimakrise gemäß sichern zu können.

Der Zweck des EURATOM-Vertrags ist, wie in der Präambel festgelegt, die Voraussetzungen für den Aufbau einer mächtigen europäischen Atomindustrie zu schaffen. Das ist mehr als sechs Jahrzehnte nach der Gründung von EURATOM obsolet: Die Erwartungen in das Potenzial der Atomkraft konnten trotz substanzieller finanzieller sowie politischer Förderungen nicht erfüllt werden. Im Gegenteil haben sich die Aussichten sukzessive verschlechtert. Erneuerbare Energien überholen, zusätzlich zu ihren ökologischen und sozialen Vorteilen, die Atomenergie in puncto Wirtschaftlichkeit in zunehmendem Tempo. Atomstromproduktion sowie Ausbau von Atomkraft in Europa sind deshalb seit Jahren rückläufig, die Stromversorgung Europas durch andere Energiequellen steigt konstant. Die einzigartige Protektion der Atomenergie durch einen primärrechtlichen Vertrag ist in Hinblick auf diese Entwicklung nicht mehr rechtfertigbar.

Die Zielsetzungen des EURATOM-Vertrags sowie sein Status als Primärrecht führen zu einer völlig unzeitgemäßen, politischen Zwangsverpflichtung, die Atomindustrie gegenüber allen anderen Energieformen zu bevorzugen. Das erweist sich als fortschrittshemmend und steht mit großer Wucht der nötigen Ökologisierung des Strommarkts entgegen.

Realistischerweise darf sich die Europäische Union künftig keinesfalls mehr der Förderung von Atomkraft verschreiben, sondern ausschließlich um jene Probleme und Gefahren kümmern, die durch Nutzung von Atomkraft bereits entstanden sind. Durch eine Neuaufstellung der Zuständigkeiten bietet sich auch die Gelegenheit, höchst relevante Aspekte die Atomindustrie betreffend, die bisher per EURATOM gar nicht geregelt waren, optimal zu inkludieren: Dass die grenzüberschreitenden Auswirkungen der Atomindustrie nicht an gleichgestellte, umweltrechtliche Regelungen der Europäischen Union gebunden werden, ist nicht weiter legitimierbar.

Sämtliche Aufgabenstellungen im Umgang mit Atomkraft in Europa sollen in die entsprechenden Abschnitte des EU-Vertrags (EUV) und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) übergehen und so die Erfüllung der erforderlichen Maßnahmen transparent und verbindlich sicherstellen.

Alle notwendigen Regulierungen sollen durch unmittelbar wirkende Verordnungen gehandhabt werden.

  • Entsorgung radioaktiver Abfälle und Abwrackung: Lösungen über Generationen und Landesgrenzen hinweg sind gefordert, alle nötigen Maßnahmen müssen zulasten der Betreiber realisiert werden, entsprechende Rücklagen sind bindend nachzuweisen
  • Katastrophenschutz: Ein gesamteuropäischer EP & R-Plan (Emergency Preparedness and Response) muss erstellt, die Kosten für geeignete Maßnahmen vom potenziellen Gefährder getragen werden. Besonders zu bewerten ist bei der Entwicklung der Vorsorgeszenarien die Erdbebengefährdung, die Abnutzung durch lange Laufzeiten sowie die Angreifbarkeit von außen.
  • Strahlenschutz: Eine Verordnung nach dem ALAP-Prinzip (as low as possible) wird gefordert, es muss die europäischen Bürgerinnen und Bürger vor industrieller Strahlenbelastung schützen. Notverordnungen, die im Falle eines akuten Austritts radioaktiver Strahlung ein Anheben der Grenzwerte erlauben, sollen verboten werden.
  • Haftung: Eine verpflichtende, einheitliche und den potenziellen Schäden angemessene Haftungspflicht für Betreiber von Atomanlagen muss, dem Verursacherprinzip geschuldet, errechnet werden und umgehend in Kraft treten.
  • Proliferation: Eine Non-Proliferationsverordnung, die umfassender und transparenter regelt als das IAEA-Regime, soll unter Einbindung von sowohl Atom- als auch Nicht-Atommächten erstellt werden und zur Anwendung kommen.
  • Forschung: Europäische Forschung soll ohne Über- oder Unterprivilegierung einzelner Disziplinen, jedoch mit übergeordneten, transparenten Zielsetzungen zum Wohle der Gemeinschaft betrieben werden. Im Hinblick auf die Atomkraft soll sich die Forschung nur noch dem Ausstieg aus dem nuklearen Zeitalter widmen - vor allem der Dekommissionierung und einer langfristigen Lösung für den nuklearen Abfall.
  • Nationale Atomaufsichtsbehörden und deren Bestellung sollen grundsätzlich hinterfragt und gegebenenfalls neu definiert werden.
  • Sicherheit von Atomkraftwerken: Jede Laufzeitverlängerung von Atomreaktoren ist einer verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, bei der explizit auf die zusätzlichen Gefahren durch potenzielle Materialermüdung Bezug genommen wird. Die Harmonisierung der Lizenzierung von neuen Reaktortypen mit EU-weiter Geltung ist abzulehnen.
  • Die Einbeziehung unabhängiger Expertinnen und Experten bei allen Fragen im Atombereich ist notwendig, die Anwendung der internationalen Konventionen ESPOO (UVP) und Aarhus (Umweltinformation, Bürgerbeteiligung) ist sofort auch im Atomenergiebereich vollständig umzusetzen.

Zusammengestellt von Renate Brandner-Weiß



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