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Bericht aus Brüssel: SMR im Geldregen?

2.11.2023

Über die „neuen“ SMR, die Kleinen Modularen Reaktoren, wird in vielen Medien berichtet. SMR steht für Small Modular Reactor, ein Schlagwort, das die Nuklearindustrie aktuell häufig als Lösung anpreist. Diese SMR sollen der Atomenergie eine strahlende Zukunft bringen. Kurzgefasst soll es sich um Reaktoren geringerer Leistung mit neuen verbesserten Nukleartechnologien handeln, Werbespruch: „Plug & Play. Einfach bestellen und läuft! Billiger, schneller, zuverlässiger, kaum Genehmigungsverfahren.“

Mit diesen Werbesprüchen berieselt wurden die TeilnehmerInnen beim SMR pre-partnership Forum der EU-Kommission am Nationalfeiertag. Mehr dazu unter https://events.nucleareurope.eu/european-smr-pre-partnership-stakeholders-forum.

Vor allem Industrieunternehmen wie EDF und Tractebel tönten groß und legten etwa Folien auf, die die enorme Förderung von SMR-Forschung in anderen Kontinenten zeigen sollten und Druck in Richtung europäische bzw. „EU-Geldspenden“ machten. Die Zivilgesellschaft war durch Patricia Lorenz von Friends of the Earth Europe vertreten, die mit der Gegenfrage konterte, wieviel denn die von ihrem neuen Produkt so überzeugten Unternehmer hinlegen würden, sprich selbst investieren?
Die Antwort verlief sich ganz ohne Zahlen im Unbestimmten und blieb unkonkret, was nichts Gutes vermuten lässt.

Auch mehr als eine Randbeobachtung war es, die Zusammensetzung der anwesenden VertreterInnen des EU-Parlaments und der EU-Mitgliedstaaten zu sehen: Es waren ausschließlich die nuklearbegeisterten Staaten des vormaligen Ostblocks.

Ganz abgesehen von der Frage, ob pro- oder anti-atomarer Ansatz, stellt sich die Frage, warum öffentliche Gelder für vollkommen überflüssige, vermeintlich neue, faktisch nicht greifbare „Wunderreaktoren“ verwendet werden sollten, wenn es doch auch bewährte Technologien zur Dekarbonisierung gibt, deren Einsatz greifbar ist.

Auch die Frage nach dem Forschungsbedarf für SMR auf Basis von Leichtwassertechnologie von zehn Jahren wurde von jedem minimal technisch versierten nur mit einem Grinsen beantwortet. Da der Großteil der Reaktoren weltweit Druckwasserreaktoren sind, gibt es enormen Forschungsbedarf, d.h. die 10 Jahre sind eher Wunschdenken der Nuklearindustrie. Die übrigen SMR-Technologien sind gescheiterte Erfindungen aus den 60er-Jahren, etwa der legendäre Kugelhaufenreaktor.

Jetzt geht es darum, wie diese EU-SMR-Partnership unter dem Taktstock der DG Energie weitergehen soll. Gefordert wird nun ein Mandat für die verstärkte Weiterarbeit, wobei allerdings die EU-Mitgliedstaaten über die Vereinigung der Nuklearaufsichtsbehörden ENSREG mitzureden haben. Es geht um den ganz wesentlichen Aspekt der Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden, die sich in keiner Kooperation mit der AKW-Designentwicklung der Industrie wiederfinden dürfen. Umgekehrt scheint die Industrie aber deren vorzeitigen Segen einzufordern, um bei einer eventuellen Lizensierung nur ja keine Schwierigkeiten zu bekommen.

Die Transparenz und Offenheit beim Thema SMR, deren Wichtigkeit im Sinne einer frühzeitigen Einbindung beschworen wurde, findet sich im nun laufenden ersten UVP-Verfahren nicht wieder. Die ersten 4 SMR (á 300 MW Leistung) sollen in Polen errichtet werden. Die erste UVP-Phase, in der der Rahmen des künftigen Umweltberichts abgesteckt wird (Scoping), verläuft unter Ausschluss der Öffentlichkeit!

Verfasst von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.


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